Sonntag, 29. November 2009

Themenschwenk

Ich habe für mich den Bereich der Wissenschaftstheorie entdeckt. Die jüngsten und zukünftigen Beiträge behandeln daher fast ausschließlich diesen abstrakten Bereich. Um die gewonnenen Erkenntnisse zu verarbeiten und noch einmal zu reflektieren, geben die Einträge diese angereichert mit einigen persönlichen Kommentaren wider.

Wenngleich der Titel des Blogs nicht mehr ganz passgenau ist, bleibt dieser bestehen. Der Untertitel stellt geradezu die Forderung, sich auch mit Themen jenseits der Ökonomie und stattdessen formalwissenschaftlicheren Themen zu beschäftigen.

Theoretische Hypothesen

Im Wissenschaftsbetrieb ist die praktische methodische Vorgehensweise universell. Grob betrachtet werden immer die drei Schritte „Aufstellen einer Hypothese“, „Entwickeln einer Theorie“ und „Aufbau eines Modells“ durchgeführt. Die Theorieentwicklung stellt den Schwerpunkt dar.

Hypothesen bilden die Basis in der wissenschaftlichen Forschung. Diese können verschiedene Arten annehmen, sind aber immer nur ein vermuteter Zusammenhang, den es zu überprüfen gilt. Durch den Prozess der Bestätigung, Erweiterung und Korrektur bildet sich aus dem Zusammenfügen mehrerer Hypothesen eine Theorie. Anhand dieser können dann z. B. zukünftige Ereignisse prognostiziert werden. Generell kann sowohl zuerst die Hypothesenbildung erfolgen (Induktion) als auch der Theorieentwurf (Deduktion). Etwas anders geartet als diese beiden rationalen Vorgehensweisen ist die Abduktion. Mit den hergebrachten Theorien nicht erklärbare Erscheinungen erfordern neue Ansätze. Diese entstehen quasi über Nacht und sind Grundlage der Quantensprünge in der Fortentwicklung einzelner Wissenschaftsbereiche. Archimedes´ Erkenntnis („Heureka!“) über die Dichteeigenschaften von Körpern mag als solche angesehen werden. Sowohl für die Deduktion als auch die Abduktion sind im Anschluss an die Theoriebildung geeignete Hypothesen aufzustellen und zu prüfen. Prinzipiell kann hierbei das Problem auftreten, dass das Untersuchungsdesign zu sehr theoriebestätigend aufgebaut wird und somit mögliche Falsifikationen von vornherein ausgeschlossen werden.

Theorien zeichnen sich dadurch aus, dass sie klar und präzise sind und in sich schlüssig. Sie liefern außerdem einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn. Als besonders wertvoll ist eine Theorie einzustufen, wenn sich aus ihr keine widersprüchlichen Aussagen ableiten lassen, sie empirisch (einfach) überprüfbar ist und sie viele dieser Überprüfungsversuche bereits erfolgreich bestanden hat. Im Sinne des kritischen Rationalismus kann eine Theorie nie bewiesen sein. Sie gilt immer nur als beste aller möglichen.

Gesetze bezeichnen in der Wissenschaft Aussagen von denen man annimmt, dass sie immer bzw. mit einer definierten statistischen Wahrscheinlichkeit eintreten. Zu ihnen gelangt man über die Operationalisierung von Sachverhalten, so dass aus Konstrukten messbare Variablen entstehen. Gesetze enthalten immer eine abhängige zu erklärende Variable und ein bis mehrere unabhängige. Mithilfe z. B. einer Regressionsgleichung lässt sich ein Gesetz, oder besser die dahinter stehende Theorie, formalisieren. Hierdurch ist dann eine Prognose möglich und die Stellschrauben anhand derer sich ein gewünschter Zustand einstellen lassen kann sind ersichtlich. Die formaltheoretische Darstellung stellt gleichermaßen ein Modell dar, das aus Vereinfachungsgründen nur Teilaspekte der Realität, des Originals, betrachtet. Eine beschränkte Sichtweise, die allerdings generellerer Natur ist, nimmt auch das Paradigma ein. Hierin vereint sind sämtliche gängigen Annahmen, die nicht ständig hinterfragt werden, wie z. B. die Sichtweise über den Menschen, den Untersuchungsgegenstand und bestimmte Vorgehensweisen. Neue Probleme und Erkenntnisse gerade in Bezug auf die Abduktion läuten häufig einen Paradigmenwechsel ein.

Die Retrognose ist ein Gedankenexperiment, das versucht vorhandene Dinge zu erklären. Im Gegensatz zur Prognose liegt ihr Fokus nicht auf der Abbildung zukünftiger Ereignisse, sondern des besseren Verstehens bereits erfolgter. Gerade die Prognosebildung und somit die hierfür notwendigen Vorarbeiten wie Hypothesen- und Theoriebildung spielen z. B. bei einer Marktabschätzung eine bedeutende Rolle. Deduktive und induktive Verfahren finden sich daher auch in der Praxis wieder. Notwendig für den Erfolg ist jedoch, dass man diese auch richtig anwenden kann. Dummerweise bestehen aber auch in Unternehmen Paradigmen, um im Beispiel zu bleiben, über die Absatzmärkte und die Käuferstruktur. Diese aufzubrechen und neue Ideen und Ansätze einzubringen, mit denen man sich von der Konkurrenz unterscheidet und somit Wettbewerbsvorteile erzielen kann, erweisen sich aber in der Praxis als schwierig. Hier bleibt nur (frei nach einem amerikanischen Pilgergebet) jedem mit auf den Weg gegeben:
Ich wünsche dir
den Mut Dinge zu ändern, die du ändern kannst,
die Gelassenheit Dinge zu akzeptieren, die du nicht ändern kannst
Und die Weisheit zwischen beiden zu unterscheiden


Es stellt sich die Frage, wie die Balance zwischen der Weiterentwicklung hin zu neuen Pfaden und einer effizienten Arbeitsweise durch das Beibehalten der bestehenden gelöst werden kann. Ständig alles in Frage zu stellen würde nicht weiterhelfen, weil man fast ausnahmslos auf der Stelle träte. Die gängigen Verfahren für immer beizubehalten verschlösse neue Erkenntnisse. Der Ansatz eine Theorie solange beizubehalten, auch wenn sie nicht immer zutrifft, bis eine bessere gefunden ist, erscheint als gangbarer Weg.

Ein interessanter Ansatzpunkt, gerade unter dem Aspekt sich immer schneller ändernder Umweltbedingungen, ergibt sich sowohl im Wissenschafts- als auch im Wirtschaftsbereich aus der Frage, wie neuen Ansätzen offener begegnet werden kann. Hieraus ergibt sich eine interdisziplinäre Aufgabe für die Wissenschaftstheorie und die Psychologie in Zusammenhang mit den Kommunikationswissenschaften.

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