Es fällt das Laub wie Regentropfen
So zahllos auf die Stoppelflur;
Matt pulst der Bach wie letztes Klopfen
Im Todeskampfe der Natur
(Theodor Fontane)
npluschke - 3. Okt, 14:21
Ich bin das, was man klassischerweise einen Pendler nennt: morgens zur Arbeit in die Großstadt rein, abends - manche meiner Kollegen sagen auch am frühen Nachmittag - zurück in die Kleinstadt. Nun fahre ich nicht mit mit dem Auto, sondern aus ökologischen und ökonomischen Gründen mit einem Regionalexpress eines privaten Betreibers. In meinem Heimatort habe ich dann die Wahl zwischen einem gut und gerne halbstündigen Fußweg vom Bahnhof nach Hause oder einer gemütlichen Busfahrt, die im Fahrpreis schon mit enthalten ist. Ich entscheide mich immer für die gemütliche Variante. Der Bus fährt tagsüber alle zwanzig Minuten und zwischen Zugankunft und Busabfahrt liegen fünf Minuten. Kein Problem für einen guten Anschluss, sollte man meinen. Doch dem ist leider nicht so.
An einem Bahnhof auf halber Strecke wird mein Zug von einem ICE überholt. Dummerweise hat der nur regelmäßig fünf bis acht Minuten Verspätung. Folglich fährt auch mein Zug soviel später los und der Bus ist, wenn ich den Zug verlasse, weg oder fährt gerade ab. Ich kann mich also zwanzig Minuten am Busbahnhof sonnen oder im Winter vor mich hinfrieren. Warum hat man es innerhalb von nunmehr vier Jahren und vermultich noch viel länger nicht geschafft, den ICE pünktlich fahren zu lassen?
Grundsätzlich haben die schnelleren Züge immer Vorrang vor den langsameren. Das ist verständlich, weil sonst Bummelzüge den ganzen Verkehr aufhielten und so aus fünf Minuten Verspätung ganz schnell eine Stunde würde. Welcher Nachteil entsteht der Bahn dadurch, dass Pendler wie ich jeden Tag mehr Zeit für ihren Arbeitsweg aufwenden müssen? Direkt keiner, auch bei mir hat der Zug nur ein paar Minuten Verspätung. Die erhöhte Verzögerung tritt erst durch den verpassten Busanschluss auf. Die Gestaltung des Busfahrplans liegt aber nicht in den Händen der Bahn. Vielleicht macht es auch einen Unterschied, dass der Regionalzug von einem anderen Anbieter betrieben wird, wenngleich jeder der Pendler weiß, wem er die Verspätung zu verdanken hat. Die Sanktionsmaßnahmen für Zugverspätungen wurden kürzlich verschärft, dies greift aber erst bei deutlich größeren Zeiträumen. Eine Addition der verlorenen Zeiten über Tage, Monate und Jahre hinweg ist nicht vorgesehen. Die Vielzahl der Beteiligten macht es zudem schwer einen Schuldigen zu identifizieren. Schließlich könnte auch der Bus, der nur an den Stadtrand und wieder zurück fährt, zwei Minuten länger warten, um die Zugfahrgäste mitzunehmen.
Sicherlich kann man die nahezu tägliche Verspätung einkalkulieren oder als Lapalie hinnehmen. Die Bevölkerung unter diesen Umständen zu überzeugen, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, fällt aber bestimmt nicht leichter als wenn keine planerischen Mängel vorhanden wären. Ein integriertes Konzept aller Beteiligten zur schnellen flexiblen Behebung des Problems wäre notwendig. Nur entsteht hiermit leider keinem der Betreiber ein unmittelbarer kurzfristiger Nutzen. Vermutlich mangelt es bei der städtischen Busgesellschaft auch an Problembewusstsein. Um eine Verbesserung zu erzielen ist politischer Handlungsdruck notwendig, der im gesellschaftlichen Interesse das gemeinsame Handeln vorantreibt. Denn der volkswirtschaftliche Schaden bei ca. 200 Pendlern, die bis zu zwanzig Minuten auf ihre Anschlüsse warten müssen, ist auf jeden Fall enorm.
Fairerweise sei angemerkt, dass auf der Strecke ein zusätzliches Gleis gebaut werden soll, um das Überholerproblem verspäteter Züge zu lösen. Ob man aber nicht zwischenzeitlich längst kleine Verbesserungen hätte anstoßen können und diese zeitlich wie auch finanziell immense Investition wirklich notwendig ist, sei dahingestellt.
npluschke - 4. Aug, 21:13