Noch mehr Wissenschaftstheorie
Neben der Bereitstellung operativer Verfahren ist das Ziel der Wissenschaftstheorie zu ergründen, was Wahrheit ist und wie diese in unterschiedlichen Disziplinen anders ermittelt wird. Zudem ergründet sie, was die einzelnen Arten der Wissenschaft antreibt. So ist in der Grundlagenforschung oder bei den Formalwissenschaften der reine Erkenntnisgewinn, also das Verstehen oder Erklären, vordergründig, in der angewandten Forschung mehr die direkte Verbesserung eines Sachverhaltes, wie z. B. in der Medizin die Heilung einer Krankheit. Desweiteren räumt sie mit der klassischen Trennung quantitativer und qualitativer Verfahren auf. So ist auch in zahlenbasierten Messungen immer noch die Interpretation des Lesenden gegeben und variiert z. B. mit der Zeit durch unterschiedliche vorherrschende Denkansätze oder im Raum durch verschiedene Sozialisierungen.
Der Wissenschaftler, der sich mit Wissenschaftstheorie beschäftigt, unterscheidet sich nicht grundlegend von dem anderer Fachrichtungen, wenngleich er natürlich keine großen Forschungsapparate wie z. B. in der Physik einsetzt. Bedeutend ist die kritische Auseinandersetzung mit der Umwelt, der fachliche Austausch und der permanente Drang nach Verbesserung. Wie in den meisten Geisteswissenschaften gibt es auch hier keine Antwort auf die Frage aller Fragen, stattdessen konkurrieren unterschiedliche Ansätze. Dies zeigt sich besonders deutlich in der Vielzahl verschiedener Richtungen der Wissenschaftstheorie wie dem Empirismus, dem Rationalismus oder dem Positivismus, um nur die bedeutendsten zu nennen.
Der Begriff Objektivität wird im allgemeinen Sprachraum vielfach verwendet, wenn auch oftmals falsch. Dass sich dahinter nichts anderes als Unabhängigkeit, z. B. vom Betrachter, als auch Überprüfbarkeit verbirgt, macht dies umso deutlicher. Bei der Kausalität ist ein Effekt Folge eines anderen, der Ursache. Im Gegensatz dazu treten bei der Kontingenz zwei Dinge nur zufällig gleichzeitig oder zeitnah auf. Ein Erläuterungsurteil verdeutlicht einen Sachverhalt nur. Ein Erweiterungsurteil bringt dagegen eine neue Erkenntnis mit ein, die einem vorliegenden Befund nicht spekulationsfrei zu entnehmen war.
Insbesondere bei Arbeiten im Team sollte man sich selbst immer wieder die Grundtugenden eines Wissenschaftlers vor Augen führen und diese auch beherzigen. Hierzu zählen vor allem sämtliche Positionen zu überprüfen und dies ggf. auch von den anderen einzufordern als auch die Bereitschaft Ansätze zu akzeptieren, die zunächst etwas aus der Art schlagen. Der kritische Umgang mit Quellen jeder Art gehört selbstredend dazu.
In Unternehmen bildet sich über Jahre fast immer ein „common sense“ über bestimmte Verfahren heraus, die allgemein akzeptiert werden. Der Transfer des wissenschaftstheoretischen Ansatzes, Dinge in Frage zu stellen und auch tradierte Meinungen zu überprüfen, kann auf betriebliche Organisationen unter den sich immer schneller verändernden Rahmenbedingungen nur sinnvoll sein.
Es ist legitim, dass sich Wissenschaft auch mit sich selbst befasst und sie somit, wenn auch nur langfristig, voranbringt. Kann aber die Wissenschaftstheorie die ihr selbst gesteckten Ziele überhaupt erfüllen? Sie kann auf Probleme bei der Messung und der daraus gefolgerten Schlüssen hinweisen, aber kann sie dieses Problem für sich selbst ausschalten?